Zahlen sind keine leeren Chiffren, sie sind gestaltbildende Kräfte. Bittet man jemanden, der keine Kenntnis der Astrologie hat, sich die Zahl 4 in geometrischer Weise vorzustellen, dann wird der Betreffende vermutlich oder gar sehr wahrscheinlich ein Quadrat oder ein Rechteck nennen (ja, auch ein Quadrat ist ein Rechteck…). Bei der 3 wird es ganz einfach (Dreieck), ein Pentagramm bei der 5 wird gewiss nicht mehrheitlich genannt werden. Die 6 wiederum erscheint anschaulicher – ihrer Regelmäßigkeit wegen (siehe den Davidstern, siehe die regelmäßig-ökonomisch gebauten Waben der Bienen). Die 7 ist die erste Zahl, die sich die meisten nicht mehr in geometrischer Abbildung zwanglos vorstellen können.
Hier nun geht es um die 100, die Potenz der 10, die 100, ist die 10 in Vergrößerung. Die 10 aber ist so etwas wie die Finalität der 4: 1+2+3+4=10. Diese Zusammenhänge sind anschaulich erläutert bei Ernst Bindel: Die geistigen Grundlagen der Zahlen (meines Wissens leider vergriffen). Die 10 ist der 4 wesensverwandt. In der Imagination der 10 taucht aufs Neue das Quadrat auf, nun aber erscheint das Quadrat inmitten eines Kreises. Und da ist es interessant, dass das Arcanum X des Tarot, das Schicksalsrad zeigt. Tatsächlich bildet sich imaginativ der Kreis noch deutlicher ab, wenn ich die Potenz der 10, die 100 veranschauliche.
Nun scheint die 100 in keinem unmittelbar erkennbaren Zusammenhang mit dem Tierkreis zu stehen. Doch beide, der Tierkreis wie die 100, sind durch die 4 teilbar. Im Falle des Tierkreises erhalte ich die Quadranten, das Gegenstück wäre die 100 als das Vierfache der Potenz von 5, der 25. Würde ich den Tierkreis nicht aus 360 Graden mir denken, sondern aus insgesamt 100 „Einheiten“, würde dann auch dieser Tierkreis mit dem ersten Grad Widder beginnen, dann entspräche die 25 dem ersten Grad Krebs, die 50 dem Anfang der Waage und die 75 dem ersten Grad des Steinbocks. Drittele ich den auf 100 Einheiten reduzierten Tierkreis, dann entspricht die erste der „Einheiten“ dem ersten Grad Widder, mit 33 und 1/3 gelange ich auf den ersten Grad Löwe, dann mit 66 und einem Drittel (oder 66, 666…) gelange ich auf den ersten Grad des Schützen – es ergibt sich das Feuertrigon. Der Dreierschritt – 33 und ein Drittel mal 3 = 100 – ist von Jupiternatur. Er ist wiederholt von R.Steiner beschrieben worden und in der Geschichte, oft auch im individuellen Lebensgang, unschwer nachzuweisen. Beispiel: 1814/1815 schafft der Wiener Kongress eine europäische Ordnung, die zwar Stabilität erbringt, jedoch jede Form von Volkssouveränität tabuisiert. 33 Jahre später rebellieren große Teile Europas gegen diesen Zwang. Wiederum 33 Jahre später, 1881, fallen der Zar und der US-Präsident Attentaten zum Opfer, in Europa erstarkt der Anarchismus. 1914 schließt sich der Kreis, 100 Jahre nach dem Wiener Kongress zerfällt endgültig die dort geschaffene europäische Ordnung. Ein weiteres Beispiel: 1956 befindet sich die Welt auf einem Höhepunkt des Kalten Krieges, gleichzeitig erfolgt die erste tiefgreifende Zäsur nach dem II. Weltkrieg: In der Suez-Krise zeigen sich deutlich die Konturen der künftigen Konfrontation im Nahen Osten, zeitgleich läutet das Jahr das Ende des britischen Empires ein und erbringt eine Forcierung der globalen Entkolonialisierung. Und 1956 zeigen sich im Ungarnaufstand erste Risse im scheinbar festgefügten Ostblock. Schließlich, wiederum 33 Jahre später, 1989, zerfällt innerhalb eines Jahres das gesamte Sowjetimperium. So bleibt abzuwarten, was das Jahr 2022 erbringen wird – zum Jahr 2022 siehe den vorhergehenden Blogbeitrag.
Hat die 33 (33,3….) eine deutliche Jupiterqualität, so hat der Viererschritt (4 mal 25) offenkundig eher lunar-saturnale Eigenschaften. Im letzten Jahr schrieb Claude Weiss in einem Artikel darüber – ohne indes den Bezug der 25 auf die 100 explizit miteinzubeziehen. So verweist er auf den 25er Schritt 1914 – 1939. Im eben erwähnten Jahr 1989 konvergieren die genannten Rhythmen: der Beginn des II. Weltkrieges liegt 50 Jahre zurück. 25 Jahre nach 1989, 2014, werden weltweit neue Polarisierungen sichtbar (u.a. die Krimkrise), Entwicklungen, die weiterhin im Fluss sind.
Eine der interessantesten historischen Darstellungen der letzten Jahre ist Keith Lowes „Furcht und Befreiung“. Wie der Zweite Weltkrieg die Menschheit bis heute prägt“ (Klett-Cotta 2019). Lowe greift den Begriff der „Stunde Null“ auf, der bekanntlich zunächst für die Situation des geschlagenen Deutschlands 1945 verwendet wurde. Er weist nach, dass sich damals erstmals ein (in Teilen existenzialistisch geprägtes) Bewusstsein globaler Verantwortung bildete. Das ungemein inhaltsreiche (zudem sehr lebendig geschriebene) Buch kann hier nicht einmal ansatzweise referiert werden. Mit Blick auf Deutschland: das Reich entsteht noch während des deutsch-französischen Krieges 1870/71 (Reichsgründung am 18.01.1871). 75 Jahre später liegt dieses Reich in Trümmern. Nun, 2020, 75 Jahre nach dem Ende des umfassendsten Krieges der Weltgeschichte, stellt sich auf ein Neues, veranlasst und beschleunigt durch die Corona-Krise, analog zu 1945, ein Bewusstsein globaler Verantwortung ein, verbunden mit dem Empfinden eines „existentiellen Ausgesetztseins“. Etliche vermeintliche Sicherheiten sind beinahe über Nacht abhandengekommen, kaum jemand vermag zu prognostizieren, in welchem Zustand sich die Welt in einem Jahrzehnt präsentieren wird (nein, wohl auch kaum ein Astrologe). Ich selbst glaube – siehe dazu den vorhergegangenen Beitrag -, dass das Jahr 2022 diesbezüglich deutliche Umrisse sichtbar machen wird – gerade auch bezogen auf Europa und die Mitte des Kontinentes. Eine nähere Untersuchung hätte das deutsch-französische Verhältnis miteinzubeziehen – die Jahre 1870-1945 sind tiefgreifende Zäsuren auch in der französischen Geschichte. Und zudem Zäsuren der italienischen Geschichte, denn 1870 vollendet sich die Einigung des Landes (September 1870: Ende des Kirchenstaates, Anfang Oktober: Rom wird Hauptstadt des Landes). Es ist bezeichnend, dass im Verlauf der Corona-Epidemie Verwerfungen im deutsch-französisch-italienischem Dreieck drohen (Stichwort: Corona-Bonds). Wenn 1945 den Nullpunkt der Weltordnung markiert, dann bedeutet dies, dass wir nach 75 Jahren im genannten Viererschritt den ersten Grad Steinbock erreicht haben – oder, in Analogie, wir befinden uns in der Situation des abnehmenden Halbmondes. Ein Pendant dieser Situation: Die Staatsgläubigkeit erreicht in der Krise ungeahnte Dimensionen. Nun, das schreiben die besseren Zeitungen schon jetzt…
Der ausgezeichnete Beitrag über die Zeitstruktur erinnert mich an Léon Sonrels Kriegsprophezeiung im Juli 1869. Diese Vision gehört zum Eindrücklicklichsten;die Geschichte selbst hat die Richtigkeit durch ihre Fakten bewiesen. Sie kam aus heiterem Himmel und beginnt 1870 mit dem Dt.-Französischen Krieg, umfasst auch den 1.WK und seinen Ausgang. Jedes Détail dieser entrückten Schau, jede Eisenbahnstation auf dem Weg nach Sedan, die Rolle seines Freundes, selbst Kleinigkeiten. Als er nach 2-3 Stunden „erwachte“, hatte er keine Ahnung, was er gesagt hatte.Stattdessen erzählte es ihm sein Freund. Die Vision spielte selbst 1914 eine Rolle. Da sein Freund wusste, wie
zuverlässig sie war, waren die franz. Behörden schon im April 1914 informiert. Sonrel hatte 1869 gewarnt, der Krieg breche „vor September“aus. Vergleicht man die Vision mit der Gegenwart, entdeckt man, wie damals, eine enge Jup/- Pluto-Konjunktion und die kommende Grosse Konjunktion fällt gerade mit dem Vollmond zur Zeit der „Schau“ zusammen (Mond 0 Wassermann/Sonne 0 Löwe)
Léon Sonrel starb 31 jährig im Dezember 1870, ein Monat vor der Gründung des Deutschen Reiches.
Ja, diese Sichtungen sind verblüffend. Dass diese gar „nach oben“ hin weitergereicht wurden, war mir nicht präsent. Dank für die Hinweise!