Reformation – reloaded

Die Reformation war ein Jahrtausendereignis. Zunächst ein deutsches Ereignis, dann ein europäisches. Sie hat dem Nationalimpuls Vorschub geleistet – teils zum Guten, teils zum Bösen hin. Sie hat – siehe den berühmten Text Max Webers – die Grundlagen der modernen Kapitalwirtschaft, vulgo Kapitalismus geschaffen. Sie hat die Welt „moralischer“ gemacht, dies wiederum ambivalent zu sehen – siehe u.a. den Puritanismus, der die USA bis heute prägt. – Wenige Jahre nach dem Thesenanschlag brennen die Schlösser in Deutschland, der Bauernkrieg wütet, am Ende wird der Aufstand brutal niedergeschlagen. Das wird 2024 500 Jahre zurückliegen. Zeit, sich dem Thema einmal mehr zuzuwenden, zumal es in der Tat einen Rhythmus der 100 gibt (genauer: einen Rhythmus der 25 // 100= 4*25). Es ist kein Zufall, dass es genau 400 Jahre nach dem Beginn der Reformation zur Oktoberrevolution kommt.

Das Horoskop der Parallele SO II MO, dem Thesenanschlag unmittelbar vorausgehend (zum Thema SO II MO siehe vorhergehende Beiträge). Das Horoskop hier ist mit den Ganzzeichenhäusern abgebildet.

PL=AC/SA – ursprünglich wohl nicht Luthers Intention, doch der Impuls setzt sich durch: der Gesetzeszwang, die Stärkung der landesherrlichen, letztlich generell der staatlichen Gewalt. Jupiter auf dem rabiaten „Vulkangrad“, 17. Grad Jungfrau. Jupiter, das Signum des Religiösen schlechthin, steht in der Jungfrau – auch dies ein klarer Hinweis auf die Aufwertung der Arbeit, des Gewerblichen – siehe Max Weber. Nicht zuletzt ist gegeben AC/MO=JU – wohl zu verstehen als Hinweis auf den finalen Durchbruch der „Volksseele“ „an diesem Ort- siehe auch die Mondknoten präzise auf der Horizontalen, mit dem Nordknoten im Krebs.

Die Reformation war ein Sprung – dies in des Wortes doppelter Bedeutung: eine unvermittelt einsetzende Mobilität, dann aber ein Riss wie ein Sprung, wie er z.B. durch ein Glas oder eine Tasse geht. (Das Bild vom Sprung, der durch die Tasse geht, findet sich in einer der Duineser Elegien Rilkes). Mit der Reformation werden Ambivalenz, Mehrdeutigkeit und Widersprüchlichkeit bestimmend, die Geschlossenheit der Weltsicht geht verloren, mithin deren Sicherheiten und Verlässlichkeiten. Ein gespaltener Charakter wie der eines shakespearschen Hamlet wäre vor der Reformation undenkbar gewesen. „Equivocation“ – „Zweideutigkeit“ ist ein Schlüsselwort in Shakespeares „Maceth“. Es zeigte sich mit der Reformation deutlich die Doppelherrschaft Saturns über den Steinbock wie über den Wassermann: schwankend zwischen Tradition und hierarchischen Ordnungen hier und progressiver Mobilität dort. Es gilt das „Einerseits-andererseits“, eine Spannung, die bis in die Gegenwart hineinreicht, womöglich gerade gegenwärtig an Schärfe gewonnen hat.

Hier nun das Jahresbild der Reformation, das Wassermann-Oktilogramm des Jahres 1517 (Abb. mit den Ganzzeichenhäusern). Ins Auge fällt MC/UR=AC.NE. Das Religiöse wird auf das Diesseits bezogen, hat sich dort zu bewähren – von hier aus ist es kein weiter Weg zu Calvin und dessen Lehre von der Prädestination, derzufolge der Erfolg im weltlichen Dasein und Tun zu Lebzeiten als ein Abbild künftiger Heilserfahrung verstanden werden kann. Sofern der saloppe Begriff erlaubt ist: ein ebenso fragwürdiger wie auch riskanter Deal. – Das Horoskop ist nicht zu reduzieren auf deutsche Belange, wenngleich die diesbezüglichen Auslösungen (Sonnenbogen, Transite, Rhythmen…) verblüffend stimmig sind. Es geht weit darüber hinaus, spricht die Probleme des neuzeitlichen Progressimus und der gerade gegenwärtig so offenkundigen Profanisierung weltweit an. Zu beachten wären derzeit wohl primär der anstehende Lauf des Saturns über den AC Konj. NE und der des Uranus über den Mars.

Bekanntlich ließ sich ein nicht geringer Teil des deutschen Protestantismus durch den Nationalsozialismus verführen – die dunkle Seite der wesensgemäßen Staatstreue infolge der Bindung Luthers an die Landesherren.

Das Horoskop ist das Septar des oben stehenden Oktilogramms für den Zeitraum 1937-1944. Die fünften Grade der Kardinalzeichen haben nach M.Roscher uranische Prägung und zwar jeweils in Verbindung mit den Herrschern der Zeichen (also im Widder MA-UR, im Krebs MO-UR etc.). Hier befinden sich die Achsen auf den genannten Graden, den vermeintlichen „Progressismus“ der „Bewegung“ ansprechend. Mit der Saturn-Neptun-Opposition an der Vertikalachse aber deutet sich, spätestens nach der Ausweitung des Krieges 1941, der drohende Zusammenbruch des Ganzen an, mithin auch der Kollaps der unheilvollen Liason von Régime und evangelischer Kirche. – Im Bild sind die Transneptuner miteinbezogen, spezifisch wegen der Konjunktion von Poseidon und Hades: „geistige Armut, geistige Absonderung“ heißt es da bei Witte. Und da diese Konjunktion im Widder von Mond-Mars und Pluto flankiert wird, ist das zwanghaft Totalitäre dieser unglücklichen Verbindung von Staat und Protestantismus unübersehbar. Unübersehbar auch, dass die Sonne Hitlers gradgenau auf den Uranus des Radixhoroskops fiel. Was wohl auch bedeutet haben wird, dass sich das Strukturbild AC.NE = MC/UR „vital“ getragen sah.

Der Klarheit halber: Die obigen Horoskope sind nicht etwa als Staatshoroskop bzw. dessen Subhoroskop zu sehen. Sie werfen ein Licht auf die Dynamik der neuzeitlichen Entwicklungen – über Deutschland hisnaus. Sie zeigen mit Blick auf Deutschland einen Teil der Geschichte des Landes im meist verhängnisvollen Spannungsfeld von Fortschritt und Retardierung – wie dies (u.a.) in besonders prägnanter Weise zum Ausdruck kommt in den Jahren zwischen 1871 und 1914. Doch auch die braunen Jahre bezogen ihre Pseudo-Legitimität wesentlich aus eben diesem Spannungsbogen (siehe dazu u.a. die Lektüre von G.Aly: „Hitlers Volksstaat“).

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