Seit längerem wird ein Horoskop Putins mit einem AC Skorpion verbreitet. Belege für diese Zeit gibt es nicht – und darauf sollte man, verwendet man diese Uhrzeit, nachdrücklich hinweisen – was leider häufig unterbleibt. Ich selbst fand wenig an Bestätigungen für dieses Horoskop. Ganz anders das Horoskop mit der Uhrzeit, die Claude Weiss propagiert. Auch diese Zeit ist eine zunächst gemutmaßte – aber hier finden sich ungleich mehr Bestätigungen.
W.Putin, 07.10.1952, 13:10 GMT, Leningrad (Horoskop nach Claude Weiss, „Astrologie heute“)
Eine Bestätigung (von vielen) für das Horoskop: die TP I für den Kriegsbeginn gegen die Ukraine, 24.02.2022:
Der AC auf dem „Kriegsgrad“ 22 Jungfrau (siehe diesen Grad u.a. am 1.9.1939 / 1.8.1914), ein Neumondhoroskop, überaus akkurat, im achten Haus, und zwar auf dem explosiven Elementargrad zweiter Grad Stier, ähnlich wie der zweite Grad Wassermann den sabischen Symbolen zufolge ein „Gewittergrad“. Zudem ist der exakte Spiegel von Mars auf Uranus gegeben.
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Enst Wilhelm praktiziert die vedische Astrologie auf tropischer Grundlage – siderisch aber bleiben bei ihm die Nakshatras, die Mondhäuser, die auch die Grundlage der so wichtigen Dasa-Berechnungen bilden. Mancher ist E.Wilhelm darin gefolgt – doch mancher hat den Weg zurückgefunden in die traditionelle vedische Astrologie. Der Diskurs siderisch – tropisch wird seit Jahren, zum Teil in argumentativ geschärfter Weise geführt. So ist Wilhelms Behauptung, der tropische Tierkreis sei ursprünglich auch von den Indern verwendet worden, wohl kaum mehr haltbar, wie Rafael Gil Brand in dem ungemein reichhaltigen Buch „Himmlische Matrix“ anhand von Quellen überzeugend nachweist. Tatsächlich hätten, so Brand, nicht allein die indischen, sondern auch die hellenistischen Astrologen den siderischen Tierkreis verwendet. Der tropische sei ihnen bekannt gewesen, habe aber lange Zeit eher quasi-kalendarischen Zweken gedient. Noch Abu Mashar, gar noch Ibn Esra (frühes Mittelalter) habe dem siderischen Tierkreis den Vorrang gegeben. R.G.Brand hält beide Tierkreise für so „legitim“ wie aussagefähig, ist aber den Weg vom Tropischen zum Siderischen gegangen. Übrigens plädiert Brand für den Ayanamsa-Wert des bekannten indischen Astrologen Raman, ein Wert, der um etwa einen Grad kleiner ist als der meist verwendete sog. Lahiri-Wert. Wilhelm wiederum nimmt einen noch kleineren Ayanamsa-Wert, orientiert am Galaktischen Zentrum (GZ). Doch auch Brand bezieht sich bei seiner Entscheidung für den Ramanschen Ayanamsa auf das GZ, wenngleich mit anderer Begründung (Goldener Schnitt). Darüber kann hier schon aus Platzgründen nicht entschieden werden.
Die nachstehende Horoskopabbildung wird nicht jedermanns Sache sein (und soll auch nicht als Plädoyer verstanden werden). Es ist das vedisch-siderische Horoskop Putins mit der von Cl.Weiss gefundenen Uhrzeit – und es steht hier, weil es m.E. die Uhrzeit, die Cl.Weiss herausgefunden hat, nachdrücklich bestätigt:
Oben das Radixbild, unten das Navamsa (Letzteres entsprechend dem neunten Harmonic). Das Navamsa ist das mit Abstand wichtigste der sog. Vargas (den Harmonics vergleichbar), es stellt, so heißt es traditionell, die „Früchte“ des Nativen dar und sollte immer miteinbezogen werden in die Ausdeutung des Geburtshoroskops. – Die Horoskope oben sind in der nordindischen Manier abgebildet: Oben der AC, die Bewegung läuft gegen den Uhrzeigersinn, die Zahlen in den Häusern (GZH!) stehen für die Tierkreiszeichen, also 1= Widder, 2= Stier etc). In diesem siderischen Horoskop steht Mars nun im ersten Haus – und zwar auf ca. 5 Grad Schütze, damit im „radikalen“ Nakshatra Mula (auch engl. Moola). „Radikal“ ist hier zunächst im wörtlichen Sinne gemeint, denn „Mula“ bedeutet „Wurzel“. Mula „geht aufs Ganze“. Die dort agierende Gottheit ist Nirriti, Göttin der Zerstörung. Dies muss nicht zwingend bedeuten, dass hier Übles angestrebt wird, Mula kann auch den Vorzug erbringen, dass man zum Wesentlichen, dem Kern der Dinge gelangt. Doch wie auch immer: Mula mag keine „halben Sachen“, den Weg des bequemen Kompromisses meidet dieses Mondhaus.
Im vedischen System, dem Jyotish, aspektiert Mars das vierte, siebte und das achte Haus von ihm aus gesehen (auch leere Häuser werden im Jyotish aspektiert). Also aspektiert Mars auch Ketu im achten Haus, und die Verbindung von Mars und Ketu (Herr über Mula!) gilt als reizbar, dem Zorn zugetan. – Von 2000 bis 2019 war Putin in der Hauptphase des Saturn (Mahadasa Saturn, siehe Auflistung neben der Horoskopabbildung, Ayanamsa Raman). Saturn steht erhöht in der Waage, die Sonne hat „Richtungsstärke“ („Dig Bala“). Sonne – Saturn: der eine aber ist der Feind des anderen. Oder anders: Die hier gegebene Konjunktion neigt dazu, die problematischeren Seiten der beiden hervorzukehren. Das war die Zeit der unangefochtenen Herrschaft Putins, aber auch die Zeit seiner zunehmend autokratischer werdenden Regentschaft. Seit Anfang 2019 läuft das Merkur-Mahadasa. Damit wird das zehnte Haus mit der Sonne-Saturn-Konjunktion mitausgelöst, da Merkur dort Regent ist. Merkur selbst steht im Nakshatra Chittra, ein von Mars beherrschtes Mondhaus. Doch auch Jupiter als Herr über den AC (mitsamt Mars!) wird, da von Merkur aspektiert, ausgelöst – und Jupiter steht im siderischen Widder, regiert das erste Haus (mit Mars!), das er auch aspektiert – und befindet sich im Nakshatra Krittika. Krittika gehört zu den „scharfen“ Nakshatras, das Symbol dieses Nakshara ist eine gebogene Klinge – was spontan an die Sichel in der Flagge der UdSSR erinnert (deren Untergang Putin bekanntlich für eine historische Katastrophe hält). Die Gottheit Krittikas ist Agni, der Gott des verzehrenden Feuers. In jedem Fall ist bei Krittika eine mal offen gezeigte, mal latent gegebene aggressive Seite gegeben. Die potentiell destruktive Energie dieses Nakshatras kann reinigen – oder für fragwürdige Zwecke gebraucht werden. Jedenfalls ist dies nicht der Bereich des bequemen Kompromisses, sondern derjenige der „Ent-Schlossenheit“.
Ein Wort zum Navamsa (zugestanden recht verknappt). Hier stehen beide, Mars und Saturn, in den wirkungsstarken Eckhäusern („Kendras“). Dabei aspektiert Mars Saturn (Saturn im vierten Haus von Mars aus) und Saturn aspektiert Mars (das zehnte von ihm aus gesehen (Saturn aspektiert das dritte, siebte und zehnte Haus aus seiner Sicht). Beide Planeten sehen sich dadurch enorm gestärkt, besser vielleicht: sehen sich herausgefordert (denn Mars ist ein Feind des Saturns!) – nicht zuletzt auch deswegen, weil Mars das erste Haus des Navamsas beherrscht. – Das Dasa-System, das oben verwendet wurde und dessen Ergebnisse auszugsweise in der Graphik aufgelistet sind, ist das am häufigsten verwendete, das Vimshottari -System. Neben diesem findet das Ashtottari-Dasasystem vielfach Anwendung. Es soll, so jedenfalls nach allgemeiner Ansicht, nur dann Anwendung finden können, wenn Rahu nicht im ersten Haus steht und mit dem AC-Regenten in einem Kendra (Quadrat) oder Trigon-Bezug steht (es geht hier nicht um Orben, allein das Verhältnis der Häuser entscheidet). Das ist hier der Fall: Rahu steht in einem Kendra zum AC-Regenten Jupiter. Nach diesem System durchlief Putin in der Zeit von 2010 bis 2020 das Saturn-Dasa – was sich fast zur Gänze deckt mit den erwähnten Befunden des Vimshottari-Systems. Seit dem Frühjahr 2020 durchläuft Putin im Ashtottari-System das langjährige Jupiter-Mahadasa (=Hauptphase). Damit aber rückt Jupiter im Widder, und mit ihm Mars in Mula, verstärkt ins Zentrum des Geschehens – siehe den seit Februar 2022 währenden Krieg Putins gegen die Ukraine. (Meine Erfahrung mit dem Ashtottari-System sind so gut, dass ich es meist mitberücksichtige – sofern jeweils „legitim“.)
Diese Ausführungen erfassen nur das Augenfälligste. Es ging hier, wie gesagt, nicht primär um ein Plädoyer fürs Vedische. Es sollte allein aufgezeigt werden, dass die von Cl.Weiss aufgefundene Geburtszeit auch auf der ganz anderen Ebene, die des Siderischen, ihre klare Bestätigung findet – so jedenfalls meine Sicht. Diese Bestätigung wiegt umso mehr, als Cl.Weiss mit großer Wahrscheinlichkeit das indisch-vedische Horoskop Putins nicht vor Augen gehabt haben dürfte.
(Ergänzung, das Thema Ashtottari-Dasa betreffend, und dies nur der Vollständigkeit halber: Ashtottari wird recht kontrovers gesehen. Generell finden die oben genannten Bedingungen Akzeptanz. Es findet sich daneben mitunter auch die Meinung, dass Ashtottari dann Anwendung finden kann, wenn es sich um eine Tagesgeburt (Sonne über der Horizontalachse) bei abnehmendem Mond handelt. Und umgekehrt, wenn es sich um eine Nachtgeburt bei zunehmendem Mond handelt.)
Eigentlich ziehmlich starkes Rasi, das D9 ist weniger gut. Wie interpretiert man den Mond in 6: Herr von 8 in 6 aber erhöht? Heben sich 6 und 8 wirklich auf, im Sinne von Dushanaherr in Dusthana. Sepp
Apropos: nimmt man Chandralagen, sieht das Rasi problematischer aus, übrigens meiner Meinung nach auch stimmig. Und menr noch wenn man den gegenwärtigen DAsaherrscher Merkur als AC nimmt.
ZUstimmung Chandra-Lagna betreffend (das Horoskop vom Mond aus gesehen). – Im Basisbild: Herr von acht in sechs – ein Vipareeta-Yoga, in diesem Fall ein Sarala-Yoga: „Bildung ud Wohlstand“ – Letzteres wohl auf jeden Fall. Putin verfügt dem Vernehmen nach über stattlichen Reichtum, auch in Form von Immobilien. Apropos Immoblien- siehe Haus vier mit Regent Jupiter verbunden mit Mars-Mars wird bei Grund und Boden miteinbezogen. – Ich denke zunehmend, dass Cl.Weiss da richtig kiegt. Und er ist gewiss nicht jemand, der da impulsiv-voreilig dergleichen in die Welt setzt.
Gut, daß du das Problem ansprichst, Klaus. Es stellt sich die Frage, ob man mit der Dynamik des Ayanamsa mitgeht oder nicht: auf der siderischen Lage einseitig zu beharren ist genau so falsch wie die rein tropische, kalendarisch wirkende Betrachtung.
Wenn wir dem Sternenkreis eine inhaltliche Bedeutung zuordnen, so ist die Verschiebung des Frühlingspunktes in ein anderes Zeichen ebenfalls bedeutsam und sollte mit einbezogen werden.
Ich sehe daher die Beziehung, die Differenz der beiden Bilder, die Abweichung des tropischen vom siderischen Bild als Ausdruck der Schizophrenie unserer Zeit. Die Entfremdung vom Urgrund.
Grüße Katharina
Im tropischen System die endlose Diskussion die Häuser betreffend – im Jyotish das Dauerthema des „richtigen“ Ayanamsa-Wertes. Es ist wohl so: Je elementarer, bohrender die Fragen werden, desto mehr entzieht sich der Adressat – ?