Das Folgende ist ein indirekter Anschluss an die Ausführungen des vorletzten Beitrags, in dem es um die Polaritäten der klassischen Planeten ging. Die chaldäische Reihe war Thema in diesem Text: https://files.homepagemodules.de/b635222/f12t2358p21198n2_GtSgcDbw.pdf
Zur Erinnerung: Die chaldäische Reihe ist gegeben wie folgt: SA-JU-MA-SO-VE-ME-MO. Sie findet sich bekanntlich u.a. auch in der Sequenz der Dekanate (auch „Gesichter“ genannt.)
Irgendwann letztlich stieß ich auf den Hinweis, Abu Mashar habe die chaldäische Reihe auf den Häuserkreis bezogen, dergestalt, dass er Saturn ins erste Haus plazierte, Jupiter ins zweite, Mars ins dritte etc. Ich weiß sehr wohl, dass Abu Mashar der bedeutendste Astrologe zwischen ausgehender Antike und beginnendem Mittelalter war. Doch schien mir diese seine Übertragung der chaldäischen Reihe auf den Häuserkreis wenig plausibel. Statt dessen kam ich nach einiger Überlegung auf die folgende, wie ich finde weitgehend stimmige Zuordnung (im Moment fehlt hier die eigentlich gebotene Graphik):
Haus 1: SO / 2: VE / 3: ME / 4: MO / 5: SA / 6: ME / 7: VE / 8: MA / 9: JU / 10: SA / 11: JU / 12: MA
Auch ich ging davon aus, dass Saturn in ein Kardinalhaus gehörte, nun aber in das zehnte Haus. Alle Planeten, ausgenommen die Lichter, also auch Saturn, sind zweimal vertreten – entsprechend ihrer jeweiligen Doppelregentschaft, je „männlich“ und „weiblich“ (oder Yang und Yin). Traditionell beginnt die chaldäische Sequenz mit Saturn. Dann folgt, beginnend mit Haus zehn, im Uhrzeigersinn die gesamte Reihe, mit der Sonne in Haus 1, dem Mond in Haus 4. Mit dem Mond in 4 endet die Reihe, um dann mit Saturn in 5 ein zweites Mal einzusetzen, nun aber ohne die Lichter – die ja im Gegensatz zu den anderen Planeten keine Doppelregentschaft haben. (Im eingangs genannten Blogbeitrag habe ich F.Fricklers Überlegung eingebracht, derzufolge die Sonne Zweitregentin des Krebses ist, der Mond Zweitregent des Löwen – vergleichbar dem „Yin im Yang“ und dem „Yang im Yin“. Da mag nun fraglos geteilter Meinung sein.)
Auch dies scheint mir völlig stimmig: Die Sonne steht in dieser Zuordnung im Osten, dem Ort des Sonnenaufgangs, die Waage-Venus im Westen, der Ort des Sonnenunterganges ( „Die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug.“- Hegel), der Mond steht im Haus des Nächtlichen, Saturn im Haus des Mittags. Wir sehen also die vier Elemente in den Kardinalhäusern präsent, aus der Sicht des ersten Hauses in der Folge: Feuer, Wasser, Luft, Erde. Interessant die Folge im gegenläufigen, dem Uhrzeigersinn: Feuer, Erde, Luft, Wasser – sie steht in enger Relation zur chinesischen Lehre der Elemente, besser Wandlungsphasen genannt (Feuer erzeugt Asche/Erde, diese erzeugt Metall=Luft, Metall erzeugt Wasser.)
Es wechseln von den Häusern 1 bis 10 schrittweise von einem Haus zum anderen die Polaritäten („männlich“ + / „weiblich“ – ): SO+, VE-, ME+, MO-, SA+, ME-, VE+, MA-, JU+, SA- dann aber bricht diese Schrittfolge ab. Augenfällig dagegen die Symmetrie rechts und links des 10. Saturn-Hauses: MA+ JU- SA-JU+ MA- (im Uhrzeigersinn). Jupiter in Haus 11 leuchtet unmittelbar ein: In der hellenistischen Astrologie steht er dort im Haus seiner „Freude“. Ansonsten ist der Wechsel der Polaritäten nur allzu plausibel: VE- = Stier-Venus in Haus zwei, ME+ analog zum Zwillings-Merkur in Haus drei (im Quadrat wie auch Zwillinge und Jungfrau) , MA- in Haus acht – der Skorpion-Mars, demgegenüber MA- in zwölf – der geheime Feind. Als störend wird womöglich auch SA+ im fünften Haus empfunden. Doch da spricht sich die Wassermann-Regentschaft des Saturn aus, der Freiheitsimpuls des Wassermanns, der ja dem entscheidungsoffenen (dem geregelten!) Spiel im fünften Hauses entgegenkommt. Zudem steht dieser Saturn im fünften Haus auch von der Sonne aus gesehen. Beide „Saturne“, wenn der Plural erlaubt ist, stehen in Aversion zueinander (keiner der essentiellen Aspekte). Analog die benachbarten Zeichen Steinbock und Wassermann, auch hier findet sich Aversion – zwei Nachbarn, die sich nicht besuchen. (Der Begriff der Aversion kommt aus der hellenistischen Astrologie: In Aversion stehen Planeten, die im zweiten, zwölften, sechsten und achten Haus zueinander stehen – oder auch so: die beiden Nachbarzeichen und die beiden Nachbarzeichen des opponierenden Zeichens. )
Ich denke, dass auf diese Weise ein weiteres Mal die Bedeutung der chaldäischen Reihe offenkundig wird – und dass man in verhängnisvoller Weise fehlginge, erklärte man diese wie auch die mit ihr verbundene tradierte Dispositorenlehre für überlebt, für ein verzichtbares Relikt.